Pyrenäen
Schwefel, Sonne, Siesta – wir und die Römer
Wir chillten am Embalse de Yesa, die Römer-Thermen schauen aus dem Wasser. Sie damals mit Toga, wir heute mit Handtuch. Schwefelgeruch, kaltes Bier – Wellness auf römisch unter Vollmond. 🌕🍺🏛️
Auf den Spuren der P-Linie und der Bahnhof Canfranc
Bunker der P-Linie
Heute haben wir uns mal ein Stück Militärgeschichte angeschaut: die Bunker der P-Linie. Klingt nach Abenteuer, aber so richtig spannend war es dann doch nicht – die Teile darf man nämlich ganz offiziell besuchen. Überall kleine Schießscharten, Tunnel, Wege … irgendwie wirkt es eher wie ein Beton-Labyrinth für Wanderer.
Zwischen 1944 und 1948 ließ Franco diese Verteidigungslinie bauen – aus Angst, die Alliierten könnten Spanien über die Pyrenäen erobern. Passiert ist nie etwas, und so stehen die Bunker heute eher nutzlos, aber fotogen in der Gegend herum.
Über all dem thront die Peña Collarada. Mit 2.886 Metern Höhe schaut sie majestätisch auf Canfranc hinunter – als wolle sie sagen: „Na, ihr kleinen Bunkerlein … ihr macht mir keine Konkurrenz!“
Bahnhof Canfranc – von Lost Place zu Luxus
Nach dem Betonprogramm wollten wir etwas anderes. Also weiter zu Fuß zum Bahnhof Canfranc. Der wirkt beim ersten Anblick einfach surreal – halb Palast, halb Bahnhof.
1928 eröffnet, sollte er die große Verbindung zwischen Spanien und Frankreich sein. Stattdessen wurde er zur Drama-Queen der Architekturgeschichte: Weltkrieg, politische Krisen, und 1970 dann dichtgemacht. Danach verfiel er jahrzehntelang – ein Traum für Lost-Place-Fans (inklusive uns).
Heute hat man das Ganze in ein 5-Sterne-Hotel verwandelt. Ein bisschen Glanz, ein bisschen Patina – und irgendwo dazwischen geistert noch der Charme der Ruine herum.
Das alte Stellwerk steht auch noch. Von hinten kommt man problemlos ran. Ob das erlaubt war? Sagen wir mal so: Wir waren da „zufällig in der Nähe“ und haben den kleinen Umweg sehr genossen 😉.
Pyrenäen abseits der Wege: Begegnungen mit Natur und Geschichte
Wir starteten an der Fliegerschanze in der Sierra de Loarre. Beim Spazieren entdeckten wir Hagebutten, die wir gleich für Tee sammelten. Kurz darauf fanden wir eine Schutzhütte – unerwartet gut ausgestattet und mit schöner Aussicht.
Nach dem Abstieg kühlten wir uns am Fluss Gállego ab. Am Abend übernachteten wir bei einem alten Rusico am Beginn der nächsten Offroad-Piste.
Früh am nächsten Morgen ging es weiter. Gleich zu Beginn trafen wir auf zwei Mutterkühe mit ihren Kälbern. Sie wirkten kräftig, schön gezeichnet und ganz anders als die Rinder, die man von zuhause kennt – offenbar eine typische Rasse der Pyrenäen.
Auf dem weiteren Weg stießen wir auf die Überreste der Kirche San Juan Barto (13./14. Jahrhundert), die später sogar Sitz einer Bruderschaft war.
Noch eindrucksvoller war das Geisterdorf Sierra de los Blancos. Erbaut 1739, in den 1960er Jahren endgültig verlassen – heute stehen nur noch Felder und Stille drumherum. Ein Gebäude wird im ursprünglichen Stil renoviert, und die kleine Kathedrale ist noch erstaunlich gut erhalten.
Am Nachmittag sprangen wir in den Stausee La Sotonera. Da die Gegend recht abgelegen ist und es kaum Einkaufsmöglichkeiten gibt, fuhren wir danach nach Huesca und deckten uns mit Lebensmitteln ein.
Wir wollten unbedingt das Dorf Abenilla erreichen. Diesmal näherten wir uns von der anderen Seite. Die Piste war anspruchsvoll, also übernachteten wir an einer Einbuchtung und wanderten am nächsten Morgen die letzten Kilometer.
Die Mühe lohnte sich: Wir fanden einen intakten Brunnen, eine schöne Eule und jede Menge Atmosphäre. Interessanterweise gibt es zu diesem Ort keine Einträge im Internet.
Auf dem Rückweg begegnete uns noch ein Taubenschwänzchen-Falter – ein Schmetterling, der im Schwirrflug wie ein Kolibri wirkt.
Zum Schluss führte uns die Fahrt Richtung Bahnhof Canfranc. Der Ort ist inzwischen renoviert, mal sehen was uns erwartet.
Von Geisterdörfern, Kippwinkeln und Esel-Experimenten
Heute stand das Geisterdorf Abenilla auf dem Plan. Klingt nach Abenteuer – und unsere Route war auf der Karte mit einer schwarzen Markierung versehen. „Heftig“ also. Aber hey, wir haben ja schließlich schon Skipisten in den Westalpen gemeistert, was soll da schon passieren?
Tja, die Strecke hatte es wirklich in sich: Geröll, tiefe Furchen, Fahrspuren, die eher an Kraterlandschaften erinnerten. Definitiv nichts für Sonntagsspaziergänger – und auch nicht für Fahrzeuge ohne Allrad.
Dann unser großer Fehler: rechts auf einem erhöhten Streifen, links in der tiefen Furche. Beim Zurücksetzen noch die Räder eingeschlagen – und plötzlich war er da: der Kippwinkel. Es fehlte nur ein Zentimeter und der „Dicke“ (unser Wagen) hätte sich auf die Seite gelegt. Super Idee!
Zum Glück stand neben uns eine alte Mauer im Gebüsch. Wir also kurzerhand Bauarbeiter gespielt, Steine rausgerissen und die Furche damit gefüllt. Links noch ein bisschen Erde abgetragen – und siehe da: wir waren wieder frei.
An der nächsten Kreuzung die logische Entscheidung: Abenilla kann warten. Wir wollten unser Auto behalten und bogen auf die leichtere Route ins Tal ab.
Doch auch die hatte es in sich: Ein Baum lag über der Straße. Kein Problem – der war handlich genug, dass wir ihn zur Seite wuchten konnten. Kurz darauf kam eine Schranke mit einem Schild, das erklärte, hier würden „Tierexperimente“ stattfinden. Mountainbiker meinten: einfach durchfahren, alles easy. Und tatsächlich: das Land lag brach, überall Drahtreste und alte Zäune.
Später lasen wir, dass es in Wahrheit um die Pflege von Brandschneisen mit Eselhaltung ging. Tja – das mit den Esel-Experimenten scheint nicht so ganz gefruchtet zu haben.
Nach dieser absurden Etappe ging’s ein Stück über die Autobahn – mit Aussichtspunkt – und weiter durch endlose Haferfelder. Dort tauchte plötzlich das Castillo de Loarre auf, bekannt aus dem Film „Königreich der Himmel“. Ein hübsches, kleines Schloss mitten in der Landschaft.
Zum Abschluss rollten wir noch auf den nächsten Offroad-Treck – diesmal ohne Drama. Auf dem Schild steht lediglich, dass Pilze sammeln Geld kostet. In der Sierra de Loarre genießen wir die Aussicht von der alten Fliegerschanze.
Wenn der Roadtrip zur Tier-Doku wird
Wir starten in Salardú, rollen entspannt durchs Vall d’Aran über den Coth de Varraos – eine Strecke so gemütlich, dass man sie auch mit Schlafsand in den Augen fahren könnte. Zwischendurch gibt’s Wellnessprogramm: Haare waschen im Bach, Wäsche spülen wie zu Omas Zeiten.
Die Landschaft ist wieder voll von freien Kühen, Eseln und Pferden. Am Bach machen wir Mittagspause, die Wäsche flattert im Wind, während neben uns Schmetterlinge tanzen – vermutlich nicht aus Freude, sondern wegen Paarung. Natur-Doku live, Eintritt frei.
Später finden wir einen Stellplatz zwischen Bäumen, herrlich ruhig. Am nächsten Morgen: Wow-Effekt deluxe – direkt auf der Route nach Aínsa stolpert ein Gänsegeier ins Bild. Drei Meter Spannweite, königlich …Dann der große Augenblick: Abflug. Nur leider wirkte es eher wie der Startversuch eines alten Rasenmähers. Viel Geflatter, viel Anlauf, wenig Eleganz. Irgendwann war er dann in der Luft.
In Aínsa bunkern wir Vorräte und lassen uns durch die kleine mittelalterliche Stadt treiben. Dann lockt die Cueva del Anís – klingt wie eine Spirituose, ist aber eine Höhle. Auf dem Weg dorthin entdecken wir ein großes Wasserbecken mit Goldfischen. Einer davon ist ins falsche Becken gerutscht. Also wir, zwei selbsternannte Fischretter, voller Missionseifer: „Den setzen wir zurück!“ … Pustekuchen. Der Goldfisch war flink wie ein Torpedo. Mission abgebrochen.
Oben am Wanderweg dann die Überraschung: ein totes Schaf. Und weil die Natur offenbar ein Faible für Dramaturgie hat, finden wir unten bei der Höhle gleich noch ein totes Wildschwein. Vielleicht gestürzt.
Zurück oben treffen wir einen Anwohner, erzählen ihm von unseren Funden. Er fand das nicht sonderlich, hat aber vorsichtshalber die Polizei angerufen. Wir hingegen fühlen uns plötzlich wie Ermittler in einem Tier-Krimi.
Der Tag endet am Río Ara: baden, Steine schleudern, Auto schrubben – endlich wieder Normalität. Zwischen Schmetterlingen, Geiern, Goldfischen und toten Tieren hat uns die Natur am Ende noch ein Happy End gegönnt. 🌊✨
Wir sind noch ein bisschen weiter gefahren bis Yebra de Basa, haben dem Dorfbrunnen noch mal Wasser entnommen und hier sind wir nun, auf einer Wiese.
Radlager, Radprofis & heiße Quellen
Nach einem komplett verregneten Morgen haben wir uns schnell einen neuen Stellplatz gesucht – diesmal direkt an einem Bach. Idyllisch, aber wir haben den Ort eher in ein Waschhaus verwandelt: Wäsche raus, alles aufgehängt und gehofft, dass das Wetter mitspielt. Hat es natürlich nicht. Also: Serien an, Regen trommelt aufs Dach, draußen Blitze und Donner – drinnen Nostalgie pur.
Abends haben wir noch unser Budget gecheckt. Nach vier Wochen on Tour liegen wir leicht über Plan. Ok, sparen wir wieder ein.
Am nächsten Tag wollten wir eigentlich nur mal eben die Bremsbeläge wechseln. „Mal eben“ – herrlich naiv. Dabei fiel uns ein Radlager auf, das wackelte, als wolle es selbstständig auf Wanderschaft gehen. Ach ja, dieses seltsame Geräusch in der Camargue … das Rätsel war gelöst.
Problem: unser „Dicker“ ist technisch eher in der Kategorie Landmaschine. Also ab zur Landmaschinen-Werkstatt, weil keine Autowerkstatt dieser Welt eine 52mm Nuss im Regal hat. Die freundlichen Jungs dort halfen uns aus – und schon hingen wir am Straßenrand mit Werkzeug in der Hand.
Das Radlager? Ein einziger Rostklumpen. Raus bekam man es nur mit Hitze, Flex und einer Menge Überzeugungsarbeit. Der letzte Ring saß so fest, dass er sich fast mit dem Achsstummel verlobt hätte. Irgendwann war er doch ab – und wir eine Nacht älter. Übernachtet wurde gleich vor der Werkstatt. Am nächsten Morgen dann Pflichtprogramm: alle Räder checken, alle Bremsbeläge neu.
Gerade als wir losfahren wollten – Polizei, Straßensperre. Wir so: „Na super.“ Aber nein – es kam noch besser. Plötzlich rauschte die Vuelta a España 2025 an uns vorbei. Radprofis auf 3.138 km von Turin nach Madrid, und wir mitten drin im Publikum – völlig ungeplant.
Nach dem Radsport-Event ging’s bergauf in die Pyrenäen. Dort liefen uns eine ganze Herde Kühe und Pferde über den Weg. Ein alter neugieriger Opa-Hengst wollte unbedingt Gesellschaft, während der junge kleine Macho uns lieber klar machte: „Bis hierhin und nicht weiter!“
Und als perfekter Tagesabschluss: 20 Minuten Bad in heißen Quellen. Wir stehen jetzt an einem alten, verwunschenen Weg, rundherum Berge, der „Dicke“ dampft zufrieden – und wir auch. Gute Nacht! 🌙
Von Andorra nach Ziegenparadies – ein Tag voller Überraschungen
Heute waren wir voller Euphorie: Andorra!
Klingt nach Abenteuer, Bergen, Freiheit. Also nichts wie rein ins kleine Zwergenstaat-Abenteuer.
Willkommen in Andorra la Vella – oder: die Hölle auf Erden
Wir rollen in die Hauptstadt ein … und landen mitten in einem Albtraum aus Autos, Hupen und Shopping-Zombies.
Überall Menschen mit Tüten, Schilder mit „SALE“, „-50%“, und Burger für 6 €.
Motor aus, Parkplatz gefunden, rein ins Getümmel – und wieder raus.
Das einzig wirklich Schöne: die Dalí-Skulptur „Beständigkeit der Erinnerung“. Ja, die surrealen Uhren, die wie Kaugummi über einen Ast hängen. Wir haben sie angeschaut, genickt – und uns gedacht: „Genau so fühlt sich dieser Ort an: eine klebrige Uhr, die nicht aufhören will zu ticken.“
Flucht nach Spanien – und die Ziegenrettung
Endlich raus aus dem Konsum-Overkill. Wir fahren wieder Richtung Spanien. Und dann passiert es:
Wir landen vor einer riesigen Ziegenherde. Überall meckernde Vierbeiner, und dazwischen ein Mann mit drei Hunden.
Und jetzt kommt der Knaller: Er spricht auf einmal Deutsch! Ein Österreicher, der mit 13 Leuten den Ausstieg geschafft hat. Statt Duty-Free-Shopping gibt’s bei ihm:
- Ziegenkäse (echter, kein Plastik-Geschmack),
- Marmeladen, Öle, Tee, Heilsalben,
- kleine Holzhäuschen, gepflegte Wagen,
- und ein ganzes Community-Leben – autark, mit Zisterne und Bergwasser
Wir waren sofort hin und weg: Ziegen statt ZARA, Salben statt SALE.
Offroad ins Glück
Als wir dachten, der Tag sei schon perfekt, schickt uns das Schicksal noch auf eine ungeplante Offroad-Tour.
Rumpelnd und holpernd kämpfen wir uns auf den Gipfel – und am Ende stehen wir da: Blick über die Berge, Sonnenuntergang, totale Stille.
Und wir so:
Morgens: „Shoppinghölle.“
Abends: „Ziegenparadies mit Bergpanorama.“
Was für ein Tag!